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ihm gesagt, es sei der Sinn der Prüfungen, erleuchtet zu werden. Was nun? Einen Augenblick lang betrachtete Tamino prü- fend das Portal, wo man ihm den Einlaß verwehrt hatte. Wie wurde man würdig, wenn es den Tod bedeutete, als Unwür- diger hier die Erleuchtung zu suchen? Nach einiger Zeit nahm die Helligkeit etwas zu. Tamino wandte sich um und sah die Umrisse von zwei anderen Ge- bäuden. Langsam näherte er sich dem nächsten. Im Giebel stand das Wort: WEISHEIT 89 Wenn mir die Erleuchtung versagt bleibt, dachte Tamino, ist Weisheit das Nächstbeste. Er sah einen schweren Türklopfer, trat vorsichtig näher und wollte danach greifen. »Zurück! Du bist noch nicht würdig!« donnerten die Stimmen. Wie angewurzelt blieb Tamino stehen. Immerhin, dachte er, klingt das schon etwas besser. Diesmal haben die Stimmen nichts von Tod gesagt. Trotzdem hatte sich seine Lage nicht gebessert. Er war immer noch allein, hatte sich verirrt, und es gab niemanden, der ihm helfen konnte. Aber es gab noch ein drittes Tor. Wenn man jedoch bedachte, wie wenig hilfsbereit die Leute in dieser Gegend zu sein schienen, war es vermutlich reine Zeitverschwendung, auch nur anzuklopfen. Tamino näherte sich dem dritten Tor, das erheblich kleiner und weniger prächtig war als die anderen beiden. Im zuneh- menden Licht konnte er gerade noch die Inschrift über dem Eingang erkennen: WAHRHEIT »Wenn ich weder Erleuchtung noch Weisheit haben kann«, dachte Tamino, »ist Wahrheit vielleicht kein schlechter Er- satz.« Er streckte zögernd die Hand aus und klopfte. Stille. Immer noch Stille. Tamino überlegte, ob dies irgend- wie symbolisch sei, daß im Tempel der Wahrheit niemand anzutreffen war ein Zeichen dafür, wie schwierig es ist, die Wahrheit zu finden. Doch dann hörte er drinnen ein leises Geräusch, wie das Ra- scheln von Mäusen. Immerhin, man hatte ihn nicht empört davongeschickt. Tamino wartete. Es wurde heller; wenn es aber bedeutete, daß die Sonne aufging, mußte sie inzwischen schon über dem Horizont sein. Doch irgend etwas an diesem Licht erinnerte nicht an die Sonne. Endlich wurde der große Türgriff von innen niedergedrückt, 90 und das Tor begann sich langsam, ganz langsam zu öffnen, gerade weit genug, um Tamino einzulassen. Man schien dar- auf zu warten, daß er eintrat. Mit einem inneren Achselzucken man hatte ihn nicht auf- gefordert einzutreten, aber auch nicht befohlen, draußen zu bleiben trat Tamino ein. Die Tür fiel geräuschlos hinter ihm ins Schloß, und Tamino stand einen Augenblick lang im Dun- keln. Dann wurde es wie zuvor langsam heller. Im Dämmerlicht erschien eine Gestalt, die sich aus Luft zu formen schien. Sie tauchte so lautlos auf, daß Tamino sich fragte, ob es vielleicht der böse Zauberer Sarastro selbst sei. Aber nein, an einem Ort, an dem es Tempel der Weisheit und der Erleuchtung gab, war Sarastro bestimmt nicht anzutref- fen. Und in einem Tempel der Wahrheit, dachte Tamino, er- halte ich wenigstens ein paar klare, vernünftige Ant- worten. Vor ihm stand die ehrwürdige Gestalt eines älteren Mannes. Das graue Haar bedeckte eine Kapuze, auf der Tamino das goldene Zeichen der Sonne sah. Der Mann trug ein silber- graues Gewand mit dem Zeichen der Sonne auf der Brust. Sein Gesicht ließ sich schwer beschreiben, doch es wirkte sanft und sogar freundlich. »Nun, junger Mann«, fragte er, »was suchst du?« Tamino stand einen Augenblick stumm vor ihm. Nach drei Versuchen befand er sich endlich im Tempel, aber was wollte er eigentlich hier? »Die Wahrheit«, erwiderte er schließlich, »denn das verkün- det die Inschrift über der Tür.« Der alte Mann lächelte und sagte: »Es gibt viele Arten der Wahrheit, mußt du wissen. Es ist vielleicht nicht ganz ein- fach. Selbst wenn ich die Wahrheit sage, bist du vielleicht nicht in der Lage, sie zu hören, und ich könnte sagen, was ich will, es würde in deinen Ohren wie eine Lüge klingen.« »Darauf lasse ich es ankommen«, erwiderte Tamino, und ihm 91 fiel ein, daß die Boten Papagenos Frage beinahe genauso be- antwortet hatten, als sei er nicht in der Lage, die einfachsten Dinge zu verstehen. Nun, er war hier ein Fremder, und es war nicht angebracht, sich wegen der hiesigen merkwürdigen Sitten beleidigt zu fühlen. Er war auch noch nie von Ottern im Bad bedient wor- den, und doch war es ein interessantes Erlebnis gewesen. Vielleicht würde es hier ähnlich sein. Warum sollte er also nicht die Wahrheit sagen. »Ich suche einen bösen Zauberer mit dem Namen Sarastro«, erklärte Tamino. Der alte Mann Tamino hielt ihn für eine Art Priester hob die Augenbrauen, sah ihn aber immer noch mild und freund- lich an. »Was möchtest du von Sarastro?« fragte er. Wenn dies der Tempel der Wahrheit ist und auch der Weisheit und der Erleuchtung, wie er gesehen hatte, dann muß man hier wissen, welche Übeltaten Sarastro in ihrem Bereich begeht, dachte Tamino und antwortete: »Ich bin gekommen, um ein hilfloses Mädchen zu befreien, das dieser Bösewicht gefangenhält.« Das freundliche und gütige Gesicht des Priesters verändertesich nicht. Sein Ausdruck verriet nur milde Neugier. »Wer hat dir das gesagt?« erkundigte er sich. »Die Mutter des Opfers!« »Und«, fuhr der Priester mit sanfter Stimme fort, »woher weißt du, daß sie dir die Wahrheit gesagt hat? Die Welt ist voller Menschen, die die Wahrheit nicht achten, mein Sohn.« »Ist es also wahr?« fragte Tamino herausfordernd. »Hat er Pamina entführt oder nicht?«
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